Friday, October 20, 2006

caterina von luebeck, deutschland

Frachtschiffreise auf der MV „Anna Sophie Dede“

10. August 2006
Nordsee - Rotterdam, Wolken und Regen, Windstärke 5-6, kappelige See, seekrank

Das macht den besonderen Reiz einer Frachtschiffreise aus : Man ist jederzeit auf der Brücke und auch im Maschinenraum willkommen; darf und braucht zwar nichts mit helfen und arbeiten, aber wenn die Zeit es erlaubt, erhält man ausführliche Einblicke in Nautik, Navigation und alle Abläufe auf dem Schiff, für die man Interesse zeigt. So habe ich in kurzer Zeit gelernt, die Position (vom GPS ablesbar) des Schiffes auf der Seekarte zu bestimmen, einen neuen Kurs zu berechnen oder auf dem Radar etwas zu erkennen.

Bordsprache ist englisch, aber bei den Mahlzeiten und auch auf der Brücke unterhalten sich Chief und Kapitän untereinander und mit mir deutsch, so dass ich von vielen Interna und Tagesgeschehnissen, aber auch über viele Erlebnisse der beiden auf anderen Schiffen erfahre.

Beim Aufwachen am nächsten Morgen ist es mit der ruhigen Fahrt vorbei. Wie ich später im Logbuch nachlese sind es zwar nur Windstärken von 5-6, für die Seeleute also gar nicht der Rede wert, aber ich habe bereits zu tun, aus dem Bett und bis ins Bad zu kommen. Das Schiff schlingert in alle Richtungen. Wir befinden uns inzwischen auf der Nordsee und bekommen die kappelige See eines vorübergezogenen Sturmes ab. Am Abend hatte ich mir bereits mein Knie aufgeschlagen, weil ich nicht daran gedacht hatte, dass das Bett eine erhöhte Holzkante hat, damit man im Schlaf bei Sturm nicht herausrollen kann, und ich wie üblich mit Schwung hineingehüpft bin. Nun ist es gar nicht so einfach die Morgentoilette zu bewältigen. Ich muß mich immer mit einer Hand irgendwo festhalten.

Das kleine Fenster über meinem Bett ist mit Containern zugestellt, aber vom Wohnraum aus kann ich seitlich ausgucken. Der Himmel ist dicht bewölkt und regnerisch.
Obwohl sich bereits die ersten Anzeichen von Seekrankheit ankündigen, genehmige ich mir ein reichhaltiges Frühstück mit Rührei, Nutellatoast und Tee. Offiziers- und Crewmesse liegen rechts und links neben der Küche. Die Messen werden sowohl der Gespräche und Stimmung als auch wegen der Kost getrennt gehalten, obwohl der Umgang zwischen Offizieren und Mannschaft sehr locker ist.

Cookie serviert uns sehr gute deutsche Hausmannskost, während die Crew eher asiatische Gerichte erhält; alles ist penibel sauber und ordentlich. Die Lebensmittelvorräte werden für drei Monate eingelagert und nur frisches Obst, Gemüse und Eier werden zwischendurch ergänzt. Es gibt zwei riesige Tiefkühltruhen und einen Kühlraum ein Deck tiefer, wo sich auch die Krankenstation, mit voll ausgestattetem OP und Bordapotheke, die Umkleideräume, ein Waschraum mit Waschmaschine und Trockner und der Aufenthaltsraum für die Crew befinden. Hier finden ab und zu Karaoke- und Videoabende statt.

Das Frühstück will leider nicht lange bei mir bleiben. Ich schaffe es gerade noch rechtzeitig zurück in mein Bad. Auch Akupressurarmbänder und homöopathische Mittel helfen nicht. Ich bin den ganzen Tag seekrank; bleibe den Rest des Tages warm eingemummelt auf meinem kleinen privaten Sonnendeck im Liegestuhl sitzen oder versuche etwas zu schlafen. An Lesen, geschweige denn an Essen ist überhaupt nicht zu denken.

Gegen Abend kommt Land in Sicht. Wir nähern uns der niederländischen Küste.
Sobald die See wieder ruhiger wird, geht es mir gleich besser. Ich traue mich auf die Brücke und genieße die zweistündige Einfahrt zu unserem ersten von drei Liegeplätzen in Rotterdam.

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