Saturday, October 21, 2006

caterina von luebeck, deutschland

Frachtschiffreise auf der MV „Anna Sophie Dede“

11. August 2006
Im Hafen von Rotterdam, Regen und Gewitter, Be- und Entladen an verschiedenen Liegeplätzen , Schiffsbesichtigung

Am nächsten Morgen zeigt der Chief (1. Ingenieur) mir seinen Maschinenraum. Bevor es mit Kopfhörern geschützt die steile Stahltreppe hinunter zur Maschine geht, kommen wir zunächst in den Kontrollraum. Alle Wände sind hier mit großen Schaltschränken ausgefüllt, die alle Vorgänge voll elektronisch überwachen. Hier sind alle aktuellen Werte jederzeit ablesbar. Wenn irgendein Wert von den Vorgaben abweicht, gibt das System Signal oder Alarm; nicht nur im Kontrollraum, sondern auch in der Messe, auf der Brücke und in der Kabine des Chiefs.

Im Maschinenraum befinden sich außer der Hauptmaschine mit 11.500 PS noch zwei Generatoren für den Hafenbetrieb und diverse Pumpen, Filter und Kühlungen. Das Schiff verfügt über eine eigene Trinkwasserversorgung. Aus dem Seewasser wird zunächst Kondenswasser gewonnen, das zusätzlich durch mehrere Filter geht und dann zum Abschluß auch noch durch blaues UV-Licht geleitet wird, um auch noch die allerletzten Bakterien abzutöten. So können täglich 12 Tonnen Frischwasser hergestellt werden.

Inzwischen wurde auch mit dem Entladen begonnen. Hier in Rotterdam, dem größten Containerhafen der Welt, geschieht dies beinahe ganz und gar ohne Menschen. Nur die hohen Entladekräne, die die Container vom Schiff heben, sind noch bemannt. Alle anderen Vorgänge werden aus dem Computerkontrollzentrum voll automatisch gesteuert. Es ist schon faszinierend zu beobachten, wie die Container ganz allein zunächst auf Trailern abtransportiert und dann ein Stückchen weiter von anderen etwas kleineren Kränen aufgeschichtet werden. Nur der Computer weiß, wo sich welcher Container befindet.

An Bord ist der Erste Offizier für die Ladung und damit auch für die statischen Berechnungen am Computer zuständig. Die Schiffsbesatzung weiß zwar längst nicht immer, was sich in den einzelnen Containern befindet, außer bei Gefahrgütern, Chemikalien oder Kühlcontainern, die ihr eigenes Kühlsystem haben und während der Reise regelmäßig kontrolliert werden, aber das Gewicht jedes Containers entscheidet über die Lage an Bord, damit die Statik des Schiffes erhalten bleibt, es möglichst optimal im Wasser liegt und die Container das Schiff bei Sturm nicht aus dem Gleichgewicht bringen.

Nachmittags weist mich der Zweite Offizier in die Sicherheitsvorkehrungen ein; zeigt mir den Fluchtweg von meiner Kabine zum Rettungsboot und die Kiste an Deck mit den Schwimmwesten. Ein Alarmsignal siebenmal kurz, einmal lang bedeutet allgemeiner Alarm, erstmal alle am Sammelplatz zusammenkommen und hören was los ist. Ein Alarm durchgehend abwechselnd kurz lang: sofort ab ins Boot!

Da es inzwischen wieder in Strömen regnet, mache ich es mir in der Kabine mit einem Buch gemütlich. Nach einer Weile höre ich ein Signal siebenmal kurz einmal lang; recht leise zwar, aber immerhin. Aha, die machen wohl eine Übung, ob ich auch alles verstanden habe. Schnell Schuhe und Anorak an und runter zur Sammelstelle. Dort treffe ich auch wirklich den Zweiten Offizier an, aber der lacht nur. Was ich gehört habe, war einer der großen Kräne, der an Land nur signalisierte, dass er auf seinen Schienen ein Stückchen weiter zur nächsten Containerreihe fährt. Wenn das Schiff Alarm gäbe, sei das viel lauter und mit Sicherheit nicht zu überhören. Das sollte ich dann am letzten Tag der Reise auch noch erfahren.

Gegen Abend geht es zum zweiten Liegeplatz im Europort von Rotterdam. Nur innerhalb des Hafens sind wir dafür fast zwei Stunden unterwegs. In der Ferne kann man erkennen, das schon wieder neue Flächen im Meer aufgeschüttet werden, um den Hafen zu erweitern, da nicht genügend Liegeplätze für alle Frachter vorhanden sind. Das Schiff hat zwar Seitenruder, so dass es auch quer gesteuert werden kann, aber trotzdem ist es sehr beeindruckend zuzusehen, wie sicher und einfach der Kapitän die „Anna Sophie Dede“ rückwärts, seitlich in eine sehr enge „Parklücke“ bugsiert. Die Abstände zu den Schiffen vor und hinter uns betragen nur wenige Meter.

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